„Warum machst du das eigentlich?“
Fragt mich jemand. „Was genau meinst du?“ „Na das mit dem Einhörnchen. Du weißt schon.“ „Achso, dass ich über die Klitoris rede?“ „Ja genau, ich meine kämpfst du gegen irgendetwas an?“
(Foto: © Hanno Müller)
Wake Up Comedy insbesondere das erste Programm über die Klitoris alias das geflügelte Einhörnchen, soll vor allem Spaß machen und unterhalten. Ich kämpfe an gegen die allgemeine Unwissenheit und Sigmund Freud, den habe ich auch ein bisschen auf dem Kieker. Das alles mache ich vor allem, weil es mir wahnsinnig viel Spaß macht! Vieles was mit dem Thema Klitoris zu tun hat, ist aber auch einfach überhaupt NICHT witzig und macht mich wahnsinnig wütend. Man kann zum Beispiel nicht über die Klitoris reden, ohne Genitalverstümmelung (auf English FGM= Female Genital Mutilation) zu thematisieren. Ich glaube, dass meine Motivation dadurch begründet ist, dass durch mehr Wissen und Aufklärung zur Sexualität so viel Gutes geschehen könnte und wir darüber reden müssen!
Was für ein Theater!
Beim bunten Abend der Theatergruppe Spieltrieb durfte ich die zweite Version des WAKE UP Comedy Programms noch einmal auf die Bühne bringen. Dank tatkräftiger Unterstützung eines Teams von UniTV habe ich neues Filmmaterial bekommen und konnte dieses Video machen. Viel Spaß dabei!
Zicke Zacke Einhornkacke
Ich gehe mir selbst manchmal auf den Geist mit dem Einhorngedöhns, das ich mir selber ausgedacht habe. Das geflügelte Einhörnchen ist aber schneller als ich gucken konnte eine zentrale Figur geworden.
Man munkelt lieber „Jorinde und ihr geflügeltes Einhörnchen“ als „Jorinde und die Dings.. die ähm.. die Sphh.. die Phsss… Klitoris Sphinx“. (Insider von Bodo Wartkes Ödipus) Das Einhörnchen ist nur deshalb so wichtig, weil wir uns noch schwer tun die Klitoris als ganz normales Körperteil anzusehen, dessen Anatomie keine Überraschungen mehr übrig hält. Nase, Ohr, Bauch, Penis. Das ist doch auch alles halb so wild! Wie oft hat man diese Wörter schon einmal gehört, gesehen und gelesen?
Klitoris? Nee die gibt’s hier nicht.
Solange Anatomiebücher aus dem Jahr 2018 sich bei der Frau immer noch auf die Fortpflanzungsorgane beschränken und am Ende des Tunnels ein liebloser Strich mit der Beschriftung „Vulva“ hingeklatscht wird, solange werde ich weiter Rambazamba machen. Wo ist die Blase? Wo ist die Klitoris? Hat die irgendjemand gesehen? Ach ja stimmt. Die braucht man ja nicht zur Fortpflanzung…
(Anatomie: Das faszinierende Innenleben des Menschen )
Eine Bekannte von mir hat mir neulich ein Buch gezeigt aus dem 19. Jahrhundert mit wunderschönen aufklappbaren anatomischen Zeichnungen von Mann und Frau. Beim Mann sind die Geschlechtsorgane mit einem aufklappbaren grünen Blatt verdeckt und die Frau ist in ein Tuch gehüllt. Die Zeichnungen, die beim Aufklappen zum Vorschein kommen, sind fast identisch mit den Zeichnungen von heute. 100 Jahre unverändert.
Ein riesengroßer Skandal
Seit ich angefangen habe Recherchen über die Klitoris anzustellen, bleibt mir immer wieder kurz die Luft weg, bevor sie sich mit einem Wutschnauber entlädt, der mir selbst manchmal ungeheuerlich ist. Momentan lässt mir die Intimchirurgie, auch Female Genital Cosmetic Surgery (= FGCS) keine Ruhe. Da schneiden Ärzt*innen in Deutschland in aller Seelenruhe an weiblichen Genitalien rum, brauchen dafür keine Richtlinien oder eine Ausbildung, haben keine Auflagen ab wann ein Fall ein medizinisch notwendiger Fall ist und operieren sogar Mädchen unter 18 Jahre. Auch 13-Jährige kommen unters Messer. Eigentlich ein riesengroßer Skandal, aber wer guckt hin?
Schni-schna-schnappi: Das wilde Schnibbeln
Hier sind die gängigen Operationstechniken bei sogenannten Labioplastiken: http://www.schamlippenverkleinerung.de/ Ich bekomme beim Lesen immer wieder Wutanfälle und das zu Recht. Bezieht man sich auf die Definition der World Health Organisation WHO zum Thema Female Genital Mutilation, dann liegt im Fall der sogenannten „Schamlippen Verkleinerung“ im Fachterminus Labioplastik, oder wie es Intimchirurg*innen es auch dreist nennen „Schamlippen Korrektur“, eine Verstümmelung zweiten Grades vor. Trotzdem schnibbeln die Intimchirurg*innen was das Zeug hält.
Die Intimchirurgie ist ein boomender Teil der ästhetischen Chirurgie, verkauft und vermarktet wird das alles mit dem Recht auf Selbstbestimmung des Körpers und mit einem Versprechen das sexuelle Empfinden der Frauen zu verbessern. Außen vorgelassen werden die psychischen Probleme der Patientinnen, der unglaubliche Leidensdruck, der durch „Idealbilder“ aus Medien und Pornos entsteht und vor allem die fehlende Garantie auf eine Operation ohne langfristige und irreparable Schäden. Es ist pervers und es ist meiner Meinung nach höchst kriminell und es steckt verdammt viel Geld dahinter. Mehr dazu in diesem lesenswerten Artikel von Susanne Donner: „Genitalverstümmelung oder Schönheits-Op. Legal beschnitten“
„Weil die ästhetische Praktik erlaubt und die traditionalistische Variante geächtet oder verboten ist, besteht die große Gefahr, dass sich die Genitalverstümmelung unter dem Deckmantel der Ästhetik ausbreitet.“, sagt die Schweizer Soziologin Dina Bader. (Der Tagesspiegel, 04.10.2018)
Female Genital Mutilation, „Intimchirurgie“ wir nennen es nur anders, das Resultat ist in vielen Fällen das gleiche. Nicht immer wird bei Genitalverstümmelung die Klitoris komplett abgeschnitten. Es ist grundsätzlich aus Schutz von Frauen verboten im Genitalbereich zu operieren und jegliches Gewebe zu entfernen, wenn es keinen medizinischen Grund hat. „Korrektur“ wo es nichts, aber auch überhaupt nichts zu korrigieren gibt. Die Vielfalt von Vulven sieht so aus: (The Vulva Gallery von Hilde Atalanta)
Gesunder Menschenverstand: Mangelware
Wir glauben Genitalverstümmelung gehöre in Deutschland der Vergangenheit an? Ja? Wirklich? Wie erklärt man dann mit gesundem Menschenverstand Eingriffe im Genitalbereich, die medizinisch absolut nicht zu rechtfertigen sind? Wie begründet man die Tatsache, dass Intimchirurg*innen munter auf ihren Webseiten werben dürfen mit Beiträgen, die an Satire erinnern, aber leider bitter ernst gemeint sind? Wie kann es überhaupt legal sein, dass diese Ärzt*innen medizinisch falsche Informationen zu Werbezwecken nutzen dürfen? „Jungfernhäutchen durch Tampon kaputt? Wir können helfen!“ (So ein BLÖDSINN! Ein Hymen geht nicht durch ein Tampon „kaputt“, wie kann man IHNEN helfen das zu verstehen? Was haben Sie studiert? Mythenkunde oder Medizin?)
Wo sind eigentlich die Jugendschutzgesetze über die 2013 einmal diskutiert wurde? Warum dürfen solche Eingriffe mit Einwilligung der Eltern an Jugendlichen durchgeführt werden?
Viele offene Fragen auf die ich noch immer Antworten suche.
Frohe Weihnachten und ein schönes neues Jahr 2019, in dem viel ins Rollen kommt, das wünsche ich euch!
Jorinde