„Dann gnade dir Gott. Bitch!“

Ungefickte Feministin zum Frühstück

Wir leben in einer komischen Zeit. Noch nie war es so einfach in sozialen Netzwerken frei die eigene Meinung zu vertreten und noch nie gab es online so viel Hetze gegen marginalisierte Gruppen von Menschen, vor allem Frauen, insbesondere gegen laute Frauen, die in der Öffentlichkeit stehen. „… dann gnade dir Gott“, dieser Satz hängt mir seit Monaten im Kopf. Mit Drohungen um sich zu werfen, das machen nicht nur rechte Trolle im Internet, nein sogar der ganz normale Durchschnittsnils, der „nette“ Typ von nebenan, lässt sich schriftlich auf so ein Niveau herab, weil es einfach ist und sehr effektiv. Wer droht hat sonst nichts zu sagen und versucht einzuschüchtern, denn auch verbale Gewalt ist Gewalt.

Man muss schon die Nerven einer Greta Thunberg haben um allen Hatern lächelnd und souverän den Wind aus den Segeln zu nehmen. Es gibt täglich Menschen, die dieser 16-Jährigen den Tod wünschen.

„Here we go again… As you may have noticed, the haters are as active as ever – going after me, my looks, my clothes, my behaviour and my differences. They come up with every thinkable lie and conspiracy theory. It seems they will cross every possible line to avert the focus, since they are so desperate not to talk about the climate and ecological crisis. Being different is not an illness and the current, best available science is not opinions – it’s facts. I honestly don’t understand why adults would choose to spend their time mocking and threatening teenagers and children for promoting science, when they could do something good instead. I guess they must simply feel so threatened by us. But don’t waste your time giving them any more attention. The world is waking up. Change is coming wether they like it or not. See you in the streets this Friday!“ (Quelle: Twitter, Greta Thunberg, 25.09.2019)

Ingrid Brodnig sagt zu dem Hass gegen Greta Thunberg im Interview:

„Es ist statistisch nahezu unmöglich, alles zu sammeln, was sie an Beleidigungen erhält.“ Obwohl sie mit Hass im Netz vertraut ist, schockiert es Ingrid Brodnig, wie viele Menschen Greta Thunberg den Tod wünschen. „Das ist nicht einfach nur Häme. Das ist schon wirklich bedrohlich und das sollte man ernst nehmen.“ Brodnig verweist auf die Fälle von Walter Lübcke oder Jo Cox. Beide Politiker*innen wurden Opfer tödlicher Attentaten von Anhängern rechter Ideologien. Die Drohungen gegen Thunberg seien mitunter erschreckend explizit: „Ich glaube, dass man ihren Schutz absolut ernst nehmen sollte.“ („Hass gegen Greta Thunberg: Was lässt die Leute so ausrasten?“, Katharina Alexander, 30.09.2019)

Wie es ist täglich mit Morddrohungen und Vergewaltigungsfantasien zu rechnen

Seit ich mit mehr und mehr Themen immer öffentlicher werde, häufen sich auch die „Meinungen“ in sozialen Netzwerken. „Feminazi, penishassende Frau, ungefickte Feministin, Männerhasserin“, diese Worte kommen tatsächlich von Menschen, die meinen mich damit zu beschreiben, aber das ist erst der Anfang. Ich finde es traurig, dass ich seit Monaten damit rechne Morddrohungen oder Vergewaltigungsdrohungen zu bekommen, weil ich mit meinem Namen öffentlich für Tabuthemen einstehe.

Gerade beim Thema #KeinBockaufMythen Schluss mit dem Jungfernhäutchen Mythos wird noch einiges an Hass losgetreten werden… Das weiß ich. Was ist das für eine Welt, in der man als Politikerin/Aktivistin/Journalistin, oder einfach als Frau online mit so etwas rechnen muss? Wie sich das anfühlt? Absolut beschissen um ehrlich zu sein und zu wissen, dass ein Ausbleiben dieser Drohungen eine Ausnahme ist, und nicht die Regel, macht es nicht besser.

Gib Hatespeech keine Chance

Hass im Netz ist real und es sollte nicht normal werden oder bleiben, dass eine Politikerin in Deutschland öffentlich als „Drecks Fotze“ und „Stück Scheisse“ beschimpft werden darf wie erst kürzlich im Fall von Renate Künast. Jochen Bittner fragt in dem Artikel „Zum Schämen“ zu Recht: „Hat die deutsche Justiz eigentlich begriffen, wie zerstörerisch Beleidigungen wirken, die in enthemmenden sozialen Netzwerken in die Welt geschrien werden, und wie viel mehr sie heute bedrohen als die Ehre Einzelner?“ („Zum Schämen„, Jochen Bittner, 25.09.2019)

„Wurde diese Dame vielleicht als Kind ein wenig viel gef… und hat dabei etwas von ihrem Verstand eingebüßt“. Ein ebenfalls anonymer Kommentator hat geschrieben: „Knatter sie doch mal einer so richtig durch bis sie wieder normal wird!“ Vergewaltigung als Disziplinierungsinstrument – nichts anderes als diese barbarische und sexistische Fantasie steckt hinter dieser Äußerung.“ („Widerlich und die Würde verletzend„, , 23.09.2019)

#NoHateSpeech ist die Gegenbewegung zum Hass der sich gegen Renate Künast und so viele andere Menschen im Netz richtet.

Ich habe #KeinBockaufMythen und sage #NoHateSpeech und ja ich weiß es ist super merkwürdig in Hashtags zu reden, aber was noch viel merkwürdiger ist, wenn eine Nachricht wie: „Dich trifft weder eine Bedrohung noch eine Gefahr, aber danke für die Bezichtigung, Bitch!“ aus dem direkten Bekanntenkreis schafft es monatelang ein Gefühl der Angst in mir auszulösen.

Bleibt doch einfach in euren Höhlen liebe Trolle. Egal ob ihr Jungfernhäutchen-Mythos Verteidiger seid, sexistische Kackscheiße unterstützt und witzig findet, oder Klimawandelleugner seid. TIME IS UP. In der virtuellen und in der realen Welt.

Change is coming, whether you like it or not. (Greta Thunberg)