Nihao Deutschland

Zu Gast bei Nihao Deutschland

Kurz nach meiner Rückkehr nach Deutschland im Juli erhielt ich eine Anfrage von der Fernsehsendung „Nihao Deutschland“. Diese Sendereihe beschäftigt sich mit Themen, die mit der Kultur und Wirtschaft Chinas zu tun haben und zeigt Geschichten von Deutschen in China und Chinesen in Deutschland. Es handelt sich dabei um eine Ko-Produktion mit der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua und der DFA Deutsche Fernsehnachrichten Agentur. Der Beitrag über das Chinesisch Lernen ist hier in Episode 181 zu sehen. (Beginn bei 13:45)

Eine chinesische Freundin aus Freiburg macht gerade bei diesem Sender ein Praktikum und schlug mich kurzerhand als geeignete Kandidatin für die nächste Sendung vor. Zu Gast im Studio waren schon das Rap-Kollektiv Feichang Fresh sowie Thomas Derksen, der in China mit Videos auf Youku durchgestartet ist und viele weitere interessante Gäste. Das Studio sei in Berlin und für den gesamten Dreh plane man einen Nachmittag ein. Ohne groß zu zögern sagte ich zu und nutzte die Chance um in Berlin und Umgebung Freunde und Familie zu besuchen.

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Im Studio 2

Mit meiner Gitarre im Gepäck machte ich mich auf den Weg durch Berlin zu den Havelstudios in der Nähe des Olympiastadions. Dort lag das Studio 2 in einer wunderschönen Gegend mit Ausblick auf Boote, welche direkt daneben im Wasser lagen.

 

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Im Studio wurde gerade noch das Interview mit dem vorherigen Gast gedreht und so wartete ich kurz, bis ich in die Maske gebeten wurde und mich entspannt zurücklehnen konnte. Mit geschlossenen Augen begrüßte ich den Leiter der Sendung, während gerade der Lidstrich gezogen wurde und er fragte mich ob ich auch wirklich singen wollte. Na klar wollte ich! Als ich die Augen wieder aufmachen durfte, betrachtete ich neugierig die Makeup Paletten, die sich vor mir ausbreiteten und wie die Visagistin sorgfältig alle Töne miteinander vermischte und mich im wahrsten Sinne des Wortes anpinselte.

Danach galt es zu warten und da sie mit der Technik noch nicht so weit waren, schnappte ich mir meine Gitarre und spielte gegen die aufkommende Panik an. „Wir haben ja alle schon eine Kostprobe hinter der Kulisse bekommen, magst du das nicht mal auf der Bühne ausprobieren?“, werde ich gefragt und ehe ich mich versehe stehe ich verkabelt vor drei großen Kameras.

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Ignorier die Kameras einfach, jetzt geht es erst Mal nur um den Ton. Alles klar und los.“ Ich spiele Gitarre, singe dazu und versuche dabei das Adrenalin abzubauen, welches sich angestaut hat. Nach ein paar Minuten nimmt der Mann für den Ton seinen Kopfhörer ab und gibt mir einen Daumen hoch: „Super! Toll hört sich das an, echt klasse.“ Das Team bespricht sich, schreibt die Ansagentexte um, sie wollen meine chinesische Übersetzung von „Lass es Liebe sein – 让它成为爱“ (Rosenstolz) als eigenständigen Teil der Sendung ankündigen. Ich spiele derweil Rasmus Seebach „Millionær“ und das Liebeslied von Bodo Wartke vor mich hin.

 

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Wir fangen mit dem Lied an, bist du bereit? Fürs Interview ist später noch Zeit.“, wird mir gesagt. Klappe die erste und Action! Ich atme tief ein, fange an zu spielen und singen, Blick in die Kamera, alles läuft gut, doch nach der dritten Strophe verhaspel ich mich plötzlich im Text. Fällt ja niemandem auf, denke ich und breche dann doch ab. Klar fällt das auf! Jeder Chinese wird sich wundern was ich da gerade für einen Quatsch gesungen habe. Also noch einmal, Klappe die zweite und Action! Hinter mir wird der Bildschirm plötzlich schwarz, ein technischer Fehler. Ich trinke einen Schluck Wasser, mittlerweile steht mir das Adrenalin bis zum Hals, jetzt muss es doch endlich klappen!

Im Gegenteil, beim dritten Mal verhaspel ich mich gleich am Anfang und bekomme gar nichts mehr auf die Reihe. Der Text scheint aus meinem Kopf rausgepustet zu sein. Ich spiele ein bisschen vor mich hin und ärgere mich nicht mehr geübt zu haben. Doch eigentlich war genau das Teil meiner Strategie, denn ich wollte das Lied nicht tot spielen. Jedes Lied welches man zu oft übt verliert an Glanz und gerade bei diesem Lied, welches mir so wichtig ist, wollte ich unbedingt die starken Gefühle beim Singen zum Ausdruck bringen.  „Kann man irgendetwas für dich tun? Wir können auch kurz Pause machen.“, ruft mir jemand aus dem Raum zu, aber ich schüttel nur mit dem Kopf. „Ich ziehe das jetzt durch!Klappe die vierte und Action! Es klappt dieses Mal wie am Schnürchen, einmal verspiele ich mich zwar leicht, aber das ist weniger schlimm als im Text einen Verdreher einzubauen. Trotz Nervenflattern geht das Lied einigermaßen gut über die Bühne.

Uff… geht doch!“, sage ich erleichtert als alles im Kasten ist, das Team klatscht und ich torkle mit wackeligen Knien von der Bühne in den Nebenraum. „Große Klasse Jorinde, das hast du wirklich prima gemacht.“, sagt jemand anerkennend und ich bin versucht „不不不!“ (Nicht doch! Nicht doch!) zu sagen, aber hier im Studio versteht ja niemand Chinesisch. Als ich ohne Gitarre zurück ins Studio komme summt Marco, der Moderater bereits das Lied welches ich gerade gesungen habe vor sich hin: „Totaler Ohrwurm…“, sagt er und singt dazu den chinesischen Refrain: 让它成为爱。(= Lass es Liebe sein). Den Titel des Liedes musste er nämlich für die Ansage auf Chinesisch auswendig lernen und kann deshalb jetzt den Refrain auswendig singen. Ich muss schmunzeln, das Lied scheint nicht nur mir so gut zu gefallen!

Danach folgte der zweite Teil, das angekündigte Interview. Es soll ums Chinesisch Lernen gehen und mein Auslandsjahr in Shanghai. Ich hatte mir natürlich im Voraus ein paar Dinge überlegt, die ich gerne sagen wollte, doch als die Fragen auf mich einprasselten quatschte ich munter drauf los und versuchte angestrengt trotz der Aufregung in anständigen Sätzen zu sprechen. Das ist gar nicht so einfach wie es aussieht und manchmal brauchte es einen zweiten Anlauf. Schade eigentlich, dass die lustigsten Patzer und kleinen Versprecher sicher raus geschnitten werden, aber im Fernsehen soll ja immer alles perfekt sein.

Der Sendetermin ist Montag, der 4. September. Ich bin gespannt! Ehrlich gesagt kann ich mich vor lauter Aufregung kaum an den Inhalt des Gespräches erinnern, nur dass ich bei der Frage nach Fettnäpfchen und sprachlichen Missverständnissen in China vergessen habe von dem Tag zu erzählen, an dem ich einem Freund in Shanghai aus Versehen schrieb: „Ich habe einen Menschen gegessen.“ “我吃了一个人。” anstatt zu schreiben „Ich habe alleine gegessen.“ “我一个人吃饭了。” Es war trotzdem super!

Herzlichen Dank an das tolle Team im Studio und an die Einladung zu Nihao Deutschland! Ich war mit großem Spaß dabei und freue mich darüber, dass ich meine Faszination für Chinesisch teilen durfte!

再见! Auf Wiedersehen!

Jorinde 若云