#KeinBockaufMythen – Schluss mit dem Jungfernhäutchen Mythos!

Deine Stimme zählt, unterschreibe hier die Petition auf change.org http://www.change.org/KeinBockaufMythen

Weltweit leben Frauen und Mädchen in Angst, weil der Mythos des sogenannten „Jungfernhäutchen“ sich in den Köpfen der Menschen hält. Es handelt sich dabei lediglich um dehnbare Schleimhautfalten, die ein Überbleibsel der Evolution sind und kein Beweis für Jungfräulichkeit darstellen! Seit Oktober 2018 sind „Jungfrauentests“ von der UN als Menschenrechtsverletzung anerkannt. Trotzdem hält sich der Mythos hartnäckig! Das will ich ändern! #KeinBockaufMythen

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Foto: © Christopher Ortmann

Auch deutsche Mediziner*innen tragen zur Aufrechterhaltung dieses längst überholten Aberglauben bei, indem sie beispielsweise „Hymenrekonstruktionen“ anbieten. Diese medizinisch nicht zu rechtfertigenden Eingriffe sind in Dänemark ab Juli 2019 gesetzlich verboten. Was ist mit Deutschland? Wie lange wollen wir den Mythos des Jungfernhäutchens noch aufrechterhalten?

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Zeichnung: © Lisbeth Stevens      Foto: © Mirko Hecht @ishowflag

Ich habe #KeinBockaufMythen und fordere: Schluss mit dem Jungfernhäutchen Mythos!

In Schweden wurde das Wort schon 2009 durch die Bezeichnung „vaginale Korona“ ersetzt. Die Form der Schleimhautfalten, die auch Hymen genannt werden, haben nämlich nichts damit zu tun, ob eine Frau bereits Geschlechtsverkehr hatte, oder nicht.

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©Anna Beil (01.09.2017 Like a Virgin? Mithu Sanyal über den Mythos des Jungfernhäutchens)

Mithu Sanyal schreibt im Artikel: „Vaginale Corona: Der Mythos“ (06.09.2010 erschienen in der EMMA)

„Sprache bestimmt wie wir denken“, erkannte die „Schwedische Vereinigung für aufgeklärte Sexualerziehung“ (Riksförbundet För Sexuell Upplysing – RFSU) und entschied, das ideologiebeladene „Jungfernhäutchen“ (Schwedisch mödomshinna) einfach abzuschaffen und durch den Begriff „vaginale Korona“ zu ersetzen.

„Der mythische Status des Jungfernhäutchens hat viel zu lange viel zu viel Unheil angerichtet. Dabei gibt es überhaupt keine Haut, die anzeigt, ob eine Frau Jungfrau ist oder nicht. Wir wollen Informationen darüber verbreiten, wie der Körper wirklich funktioniert, und dafür benötigen wir eine Sprache, in der das auch kommunizierbar ist“, erklärt Asa Regnér, die Generalsekretärin der RFSU.

Der Jungfräulichkeits Schwindel

4,668.105 Aufrufe: Zwei norwegische Medizinerinnen klären in einem TED Talk „The virginity fraud“ über den Mythos des nicht existierenden (im Sinne von: Diese Schleimhautfalten/vaginale Korona haben nichts mit Jungfrau sein zu tun) „Jungfernhäutchens“ auf:

Wissenschaftlich widerlegt

Das ist mir nicht wissenschaftlich genug“, sagte ein Freund, nachdem er den TED Talk gesehen hat. Ja doch, genau das ist es. Medizinische Studien (und der normale Menschenverstand) zeigen, dass man keiner Frau ansehen kann ob sie schon Sex hatte, oder nicht und dass das Hickhack, welches um diese verdammt unterschiedlich gewachsene (oder nicht vorhandene!) Schleimhautfalten/vaginale Korona gemacht wird, völlig überholt ist von der Wissenschaft.

Blutgeld

An der Angst von Frauen und an dem Mythos des „Jungfernhäutchens“ verdienen Intimchirurg*innen goldene Nasen. In einem Interview bezeichnet die dänische Politikerin Karen Ellemann das als Blutgeld:

 

In Deutschland sind diese Operationen weiterhin legal, auch wenn sie keinerlei medizinischen Grund haben. In Dänemark werden ab Juli 2019 sogenannte Hymen „Rekonstruktionen“ per Gesetz verboten. Ich habe mit großem Interesse die Debatte in den Dänischen Zeitungen verfolgt und Kontakt aufgenommen zu einer dänischen Autorin Gry Stevens Senderovitz, die zusammen mit einem Rechtsmediziner Jørgen Lange Thomsen das Buch „Mødommen“ über das Hymen geschrieben hat.

In Dänemark tut sich etwas, das Thema wird in der Öffentlichkeit diskutiert und ich arbeite daran, dass es bald englische/deutsche/französische Untertitel für dieses Video der Kampagne #StopJomfruMyten gibt:

Auch Mithu Sanyal hat über das Thema im Missy Magazine geschrieben: https://missy-magazine.de/blog/2017/09/01/like-a-virgin/

In Dänemark wurde also der Vorschlag der Gesundheitsministerin angenommen und es kam zu einer Gesetzesänderung. Diese verbieten den Eingriff der „Hymenrekonstruktion“, um den Mythos des sogenannten „Jungfernhäutchens“ endlich zu stoppen. Verrückt, dass trotz dieses Gesetzes in den Medien immer wieder zweideutige Zeilen darüber geschrieben werden, wie z.B. im Stern „Dänemark verbietet Konstruktion von „künstlichen“ Jungfernhäutchen“

„In Dänemark gibt es nur wenige Kliniken, die Eingriffe, bei denen das Gerissene Jungfernhäutchen, auch Hymen genannt, wieder rekonstruiert wird.“

Anstatt zu schreiben: In Dänemark gibt es nur wenige Kliniken, die medizinisch nicht zu rechtfertigende Eingriffe vornehmen, bei denen die vaginale Wand aufgeritzt und Gewebe zusammengenäht wird, in der Hoffnung, dass es aufreißt und blutet beim Geschlechtsverkehr.

Munterer Mythenwahnsinn

Indem die Autorin von „reißen“ und „rekonstruieren“ spricht, benutzt sie genau dasselbe Vokabular, welches den Mythos des sogenannten Jungfernhäutchens bis heute am Leben erhält und vielen Menschen super in den Kram passt.

Leider ist es mit einem Verbot nicht getan. Es muss natürlich trotzdem Hilfsangebote für Frauen geben, die sich in dieser Notsituation befinden. Denen bringt das Verbot, ohne Hilfe in Form von Aufklärungsangeboten und Unterstützung nichts. Um den „Jungfernhäutchen“ Mythos zu beenden und ohne Angst zu leben braucht es Hilfe von außen und ein Umdenken in unserer Gesellschaft. Der Verein BALANCE setzt sich dafür in Deutschland ein. Kapseln mit Kunstblut und andere kreative Möglichkeiten gibt es schon heute um den Mythos aufrecht zu erhalten, ohne eine unnötige Operation für mehrere tausend Euro durchzuführen.

Was ist mit Deutschland? Wie lange schauen wir noch bei mittelalterlichen Praktiken zu und halten Mythen am Leben, die im schlimmsten Fall das Leben von Frauen kosten?

Wie begründet man eigentlich die Tatsache, dass Intimchirurg*innen munter auf ihren Webseiten werben dürfen mit Beiträgen, die an Satire erinnern, aber leider bitter ernst gemeint sind? Wie kann es überhaupt legal sein, dass diese Ärzt*innen medizinisch falsche Informationen zu Werbezwecken nutzen dürfen? „Jungfernhäutchen durch Tampon kaputt? Wir können helfen!“ So ein BLÖDSINN! Ein Hymen geht nicht durch einen Tampon „kaputt“, wie kann man IHNEN helfen das zu verstehen? Was haben Sie studiert? Mythenkunde oder Medizin?

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Ich habe #KeinBockaufMythen – das Leben könnte so schön sein ohne Mythen!

Weißt du was es für viele Frauen und Mädchen auf dieser Welt bedeuten würde, wenn es wirklich kein „Jungfernhäutchen“ gibt?“, fragt mich derselbe Freund, der die Wissenschaftlichkeit angezweifelt hat. „Ja, VERDAMMT viel!“, sage ich „Deshalb mache ich mich dafür stark.“

„In die Fotze ballern“ – WITZIG?

Seit der Diskussion um Annegret Kramp-Karrenbauers „Witz“ über das dritte Geschlecht, habe ich mich wieder vermehrt gefragt: Was darf eigentlich Comedy, wenn es um Sexismus, Rassismus, Antisemitismus, Islamfeindlichkeit, Homofeindlichkeit und Transfeindlichkeit geht?

In der Karnevalszeit erlaubte sich Annegret Kramp-Karrenbauer in ihrer Büttenrede diesen Aussetzer, für den sie sich öffentlich nicht entschuldigt, sondern sogar gerechtfertigt hat:

„Guckt euch doch mal die Männer von heute an: Wer war denn von euch vor kurzem mal in Berlin? Da seht ihr doch die Latte-Macchiato-Fraktion, die die Toiletten für das dritte Geschlecht einführen! Das ist für die Männer, die nicht wissen, ob sie noch stehen dürfen oder schon sitzen müssen! Dafür – dazwischen – ist diese Toilette“, ruft sie in die Runde. Das Publikum lacht und applaudiert zustimmend. Ich hingegen fasse mir an den Kopf und frage mich: Geht es eigentlich noch, Frau Kramp-Karrenbauer? (Ole Siebrecht, ze.tt, „Warum der Witz von AKK über das dritte Geschlecht einfach nur würdelos ist“)

Ein Witz hat eine Pointe, eine abfällige Bemerkung nicht

Wie es der Zufall so will, stolperte ich vor kurzem über dieses Video von 1LIVE mit der Beschreibung „Felix Lobrecht interessiert sich jetzt auch für Mädchen und hat uns über Verhütung aufgeklärt. 🍌😂“ Nicht nur AKK greift in ihrer Themenwahl buchstäblich ins Klo, auch der viel gelobte Felix Lobrecht schafft das mit links.

Um was geht’s?

Felix Lobrecht hat zufällig eine Broschüre über Verhütung gelesen, weil er angefangen habe sich für Mädchen zu interessieren. Für Mädchen?! Wie alt bist du Felix? Dabei sei ihm dieser krasse Unterschied bei den Verhütungsmethoden zwischen Männern und Frauen aufgefallen: „Verhütung bei Frauen, das ist Wissenschaft. Das ist das Ergebnis jahrzehntelanger verkopfter Forschung. Da wurden Nobelpreise für vergeben. Irgendwelche abgefahrenen Kupferspiralen, die man sich irgendwie so vaginal… (Gelächter) ok vaginal klingt so derbe, also irgendwelche abgefahrenen Kupferspiralen, die man sich so in die Fotze reinballert. (großes Gelächter) Spaß, (…) die man sich so scheidal einführt.“ (Felix Lobrecht bei der 1LIVE Köln Comedy-Nacht XXL, Minute 1:00-1:41)

Offensichtlich hat Felix Lobrecht nicht nur keine Ahnung von Kupferspiralen, die sich niemand irgendwo „reinballert“, sondern auch überhaupt kein Interesse daran einen Beitrag zur Aufklärung zu liefern. Total daneben, aber viele Leute lachen sich schlapp. Der WDR sendet. „In die Fotze ballern“ – WITZIG.

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Fotze. ballern. Sexistische Kackscheiße.

Meine Fresse, da hat einer so eine Bühne, bekommt über 3 Millionen Klicks und könnte so viel Sinnvolles zum Thema Verhütung sagen! Warum tut man das? Für die Lacher? Weil es irgendwie geil ist FOTZE auf einer großen Comedy Bühne laut zu sagen, oder etwa weil er einfach „unfassbar clever“ ist?

Lobrecht ist derb und kennt kaum Grenzen, ohne Frage. Doch genau das ist es wohl, was die Leute immer wieder anzieht, denn die Witze sind weder plump und selten niveaulos, sondern fast immer auf den Punkt und gelegentlich einfach unfassbar clever. Natürlich spielt auch er sich mit den üblichen Hannover-Klischees und witzelt darüber, dass der Auftritt in Schwerin wohl doch nicht so ganz glorreich verkauft gewesen sei; selbst die bayerische Sprache wird natürlich ein wenig veräppelt, indem er laut über die Vielseitigkeit des Wortes „Fotze“ im Bairischen nachdenkt, da es neben dem Verb einer gewalttätigen Aktion und dem pejorativen Ausdruck für einen weiblichen Menschen auch einen Begriff für das Sprechorgan, den Mund, darstellt. Und dann beginnt man plötzlich selbst zu schmunzeln. (Ludwig Stadler) Hier zu lesen: kenn ick. – Felix Lobrecht im Schlachthof  (Bericht)

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Das war die offizielle Antwort von 1LIVE. Humor ist also ein Geschmackssache, alles klar!

Fragen für Felix:

Beim Thema Verhütung gibt es so viele skurrile Tatsachen über die man aufklären könnte! Warum kam denn die Pille für den Mann nie auf den Markt? (Hoppla, sie hatte Nebenwirkungen!) Warum ist die Verhütungsmittel-Industrie sexistisch?

„Pharmakonzerne verdienen gut an der aktuellen Situation. Die Pille ist ein Milliardengeschäft. Keine einzige der großen Firmen forscht momentan im Bereich männlicher Verhütung.“ (Luise Strothmann und Sohini Chattopadhyay, taz, „Die Pille für den Mann, Da kommt noch was“ 22.08.2018)

Warum simuliert die Hormonpille eine künstliche Regelblutung, obwohl das keinen medizinischen Mehrwert hat? (Katholische Kirche lässt grüßen!) Wie du siehst gibt es viele wichtige Fragen zu dem Thema! Um sich diesen Fragen jedoch zu stellen, muss man ein bisschen mehr drauf haben als sich nur über die Worte „Kondom, Diaphrrragma und co.“ lustig zu machen und festzustellen, dass diese Bezeichnungen irgendwie abturnend sind. Weißt du was richtig abturnend ist lieber Felix? „In die Fotze ballern“, das ist abturnend. Da hüpft meine Kupferspirale im Zickzack und hat Bock dir eine zu ballern, aber nein das wäre ja… Total daneben! So wie der Schwachsinn den du als „Humor“ verkaufst.

Sexistische Kackscheiße auf Hochglanz poliert

Herzlichen Glückwunsch zu dieser grandiosen komödiantischen Meisterleistung. Kein einziger Mehrwert, keine einzige sinnvolle Information zu diesem wichtigen Thema! Stattdessen: Sexistische Kackscheiße auf Hochglanz poliert, vom WDR gesendet und von über 3 Millionen Menschen online angeschaut. Bravo!

Homofeindlichkeit WITZIG?

Der ganze Spaß geht noch weiter! Während ich das Programm „Der Adolf in mir“ von Serdar Somuncu noch einmal anschaue um daraus zu zitieren wird mir schlecht. Meine Hände zittern und in mir krampft sich alles zusammen. Ich wünschte, Serdar Somuncu würde sein Comedy Programm, das durchaus auch viele gute und pointierte Inhalte hat, ohne homofeindliche Ausfälle machen, dann müsste ich den folgenden Mist nicht zitieren. Tut er aber nicht. Nach dem Motto: „Ich mache alle Minderheiten fertig“, verbreitet Serdar Somuncu seinen homofeindlichen Scheiß und die Leute lachen. Die Frage ist wie lange noch?

Los geht es bei Minute 24:15

Es kommt darauf an was man vorher im Mund hatte. Scheiß Schwule. (Gelächter) Ich meine den Pflaume. Kommen nach Deutschland und nehmen uns Türken (unverständliches Geschrei) Ich bin durch und durch heterosexuell. Ich lasse mir doch hinten nichts reinstecken, da kommt bei mir was raus. (Gelächter) In was für einer degenerierten Gesellschaft leben wir, in der sich Männer gegenseitig irgendwelche Körperöffnungen größer und kleiner machen und wenn es nicht reicht sich sogar von Pferden nehmen lassen. (Gelächter) Nachdem sie den Gaul vorher mit Pheromonen eingerieben haben. (Gelächter) Weil sie geil werden auf nackte Pferde. Pferde sind in der Regel immer nackt und der Gaul hat auch keine Ahnung wo er aufhören muss, der zieht einfach durch: RAMMELN! (Gelächter) Und der Typ ist tot, vorher war er noch geil. (großes Gelächter) Jetzt ist er tot, aber geil tot. (Serdar Somuncu muss selber lachen)

Serdar Somuncu – Der Adolf in mir, 03.01.2016

Wenig später sagt er noch: „Je größer die Krise, desto banaler die Ablenkung. Deshalb hat es was von Mittelalter was wir gerade erleben, deshalb lohnt es sich zu hinterfragen.“ (Minute 25:30) Der einzige, der im Mittelalter stecken geblieben ist ohne zu hinterfragen und sich an homofeinslichen „Witzen“ aufgeilt, scheint er selber zu sein.

Warum tut man das?

„Ich habe mich immer auf das Abstraktionsvermögen meiner Zuschauer verlassen. Jeder, der ein Theater betritt weiß, dass das was er sieht, nicht echt ist. Der Schauspieler spielt eine Rolle und er identifiziert sich mit ihr, damit der Zuschauer ihm glaubt, was er sagt. Mit dem Applaus endet diese Illusion. Ähnlich funktioniert es beim Kabarett. Jeder weiß, dass Kabarett von Ironie und Andeutungen lebt und dass der Kabarettist nicht immer unbedingt sagen muss, was er wirklich denkt. Wer das vorsätzlich missversteht, öffnet ein weites Feld von Anschuldigungen und Verdacht.“ (Serdar Somuncu, „Oliver Polack – eine Analyse, 05.11.2018)

Seine eigene Einstellung: „Ich beleidige flächendeckend. Erst wenn es alle trifft ist es gerecht verteilt. Jede Minderheit hat ein Recht auf Diskriminierung“, ist für mich keine Entschuldigung. Die Einstellung: Ich mache mich eben über alle lustig und bin nicht verantwortlich für Missverständnisse ist doch kein Freifahrschein für Homofeindlichkeit! Es wird übrigens nicht besser, als Somuncu von seinem eigenen „super geilen Schwanz“ erzählt und wie Deutsche „in der Dusche rubbeln, weil sie alle latent homosexuell“ sind. (Minute 51:10) Ich erspare euch die Details.

Kotz. 

In diesem Video steht Serdar Somuncu Rede und Antwort zum Vorwurf, dass er ein Problem mit Homosexuellen habe:

Am weltweiten Tag gegen Homophobie trifft Michi Koppel, ein Reporter von on3 Serdar Somuncu in München. Das Gespräch beginnt damit, dass Somuncu feststellt, dass ein Tag gegen Homophobie ja eine doppelte Verneinung sei. Genau das ist es, ansonsten wäre es ein Tag für Homophobie und die will ja keiner (zumindest wünsche ich mir das!) haben. „Dafür gibt es einen internationalen Tag?“ Ja genau, zum Glück. „Ah, dann ist die schwule Bewegung noch nicht am Ziel? Warum fragst du mich das?“ Mensch Serdar, denk doch mal nach! Der Reporter fragt dich das gerade, weil es eine Chance ist für dich zu sagen, dass du nicht homofeindlich bist. Stattdessen bekräftigst du dieses Bild mit deinen Antworten. Ja, die Lesben- und Schwulenbewegung ist noch nicht am Ziel, auch wenn 1994 Homosexualität in Deutschland (endlich) straffrei gemacht wurde. Weltweit werden homosexuelle Menschen diskriminiert, verfolgt, getötet.

Anstatt irgendwie sinnvoll auf den Homophobie Vorwurf einzugehen, redet Somuncu den Vorwurf klein, nach dem Motto er sei einfach nicht verantwortlich für die Missverständnisse, die aus seiner Arbeit entstehen. Außerdem habe er ja auch schon zahlreiche Preise „für Gegentoleranz und für mehr Verständnis unter unterschiedlichsten Völkergruppen“ (Minute 1:39) bekommen. Gemeint ist hier wohl der Preis für Toleranz und Zivilcourage im Jahr 2011. Das mag ja alles sehr lobenswert sein, doch das eine macht das andere leider nicht besser. Überhaupt sei es merkwürdig, konstatiert Somuncu, dass sich die Leute immer nur über ihre eigene Diskriminierung beschweren und nicht über die der anderen:

Stattdessen werde „Lobby-Echauffage“ betrieben, und es sei eines seiner Ziele, „dies zu entlarven“. Das Problem ist nur: Die wenigen Ausschnitte, die der BR-Beitrag aus dem Schaffenswerk Somuncus zusammenfasst, zeigen keine Witze auf Meta-Ebene, wie er behauptet, sondern homopbobe Schenkelklopfer, die doch eher seine als die Homophobie des Publikums entlarven. Und was soll die Meta-Ebene überhaupt sein? Wenn Somuncu derart missverstanden werden kann, hat er ein Problem, nicht Niggemeier. (nb, „Serdar Somuncu weist Homophobie-Vorwurf zurück“, 19.05.2011)

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Auf den Artikel von Stefan Niggemeier „Serdar Somuncu“, antwortet ein Nutzer glamorama in einem Kommentar am 19. April 2011 sehr treffend:

Ich habe Somuncu vor einigen Jahren live erlebt — und auch mir ist das Lachen im Halse stecken geblieben, als zwischen seinen bissigen, immer in höchstem Maß ironischen Kommentaren plötzlich so ein schwulenfeindlicher Spruch kam. Auch ich hatte das Gefühl, dass der Spaß in diesem Moment verschwunden war und Somuncu das wirklich ernst meinte.

Ich weiß nicht was schlimmer ist: dass Menschen auch im 21. Jahrhundert noch homo-feindliche Witze machen, dass sie das in der Öffentlichkeit (auf der Bühne, in der Zeitung, im TV) machen dürfen, dass die Masse tatsächlich darüber lacht oder dass von denen, die nicht lachen, keiner lautstark widerspricht. (…)

Ich widerspreche. Vielleicht nur ganz leise und nur auf diesem Blog, aber ich widerspreche. Das hat nichts damit zu tun, dass ich keinen Humor habe. Das Programm von Serdar Somuncu habe ich mir zu Ende angeschaut, weil er durchaus auch viele spannende Sachen sagt.

Große Porno Pointen

Stefan Niggemeier schreibt in einem FAZ Artikel zu dem Thema:

In seinem Internetprogramm „Hate Night“ erzählt er, wie sehr es ihn vor Hella von Sinnen und Anne Will ekelt. Er hetzt darin so überzeugend gegen Lesben, dass es egal ist, ob er da womöglich eine Rolle spielt und das demaskierend meint: Die Show ist geilster Porno für Lesbenhasser. (Stefan Niggemeier, 17.04.2011, „Serdar Somuncu„)

Hier ist ein Ausschnitt aus einem Interview mit rp-online:

Anne Will scheint Sie auf jeden Fall zu verstehen. Ihre Figur aus der Hate Night hat sie ja wegen ihrer Homosexualität angegriffen. Kürzlich haben Sie Frau Will allerdings für die Arte-Reihe „Durch die Nacht mit…“ getroffen. (Sebastian Dalkowski, 19.03.2013, „Es ist nie gut, wenn Leute machen, was sie wollen“ rp-online)

Antwort von Serdar Somuncu:

„Allein dass ich mich in der Sendung mit ihr treffe, zeigt ja, dass das, was ich in der Hate Night gesagt habe, nicht wahr gewesen ist. Meine Figur ist in dieser Passage klar ironisch. Aus der Perspektive eines heterosexuellen, ziemlich sexistischen Mannes beschwere ich mich über lesbische Frauen, die uns nicht mehr in Anspruch nehmen wollen, weil sie sich selbst genug sind. Da bediene ich ganz klar Klischees, wenn ich zum Beispiel sage „Ich mag die alle nicht, aber wenn sie in Pornos an sich herumfummeln, finde ich es geil“. Ich habe ja für Anne Will gesprochen, indem ich vorgemacht habe, wie Leute schlecht über sie reden.“

Mag ja sein, dass dieser Teil für dich „klar ironisch“ war. Erklär mir bitte noch einmal dieselbe klare Ironie an dem Pferde“witz“ in dem der Mann totgeil war. Mir blieb der Witz und die Ironie (?!) nämlich im Hals stecken.

Können Frauen auch sexistisch sein?

Wie passend, dass ich nach meinem Einwand an die Jury des Freiburger Kleinkunstpreises zu den sexistischen Strophen in Florian Wagners „schnelles Liebeslied“ mit der Antwort abgespeist wurde, dass auch Frauen in der Comedy Szene sich des Sexismus bedienen.

Genannt wurden Hazel Brugger, die eine Bemerkung über Felix Lobrechts Penis gemacht hat: „Wenn ich einen Penis hätte, dann würde er so aussehen wie Felix Lobrecht. Also so mittel.“ und Helene Bockhorst, die auf einer Bühne lasziv an einer Cola Flasche lutscht. Überhaupt würden Männer, die sexistische Bemerkungen machen, doch eh in der untersten Schublade landen. Nein. Sie landen in der obersten, auf großen Bühnen, bekommen Preise und werden beklatscht von den Menschen, die noch darüber lachen können.

Wie lange noch?