Niedliche Teddys

„Eichhörnchen sind zu politisch aufgeladen.“, erklärt mir Herr Li am Telefon und schlürft dabei Tee. Über Eichhörnchen dürfte ich jetzt nicht mehr schreiben, das würde nicht gut ankommen. Eichhörnchen beschmutzen nämlich manchmal unabsichtlich und aus reiner Blödheit, Bosheit und Blindheit das Nest, wenn sie beim Gähnen die Klappe zu weit aufmachen und frisch gemalmtes Nussmuß aus den Backen purzelt und ins Nest fällt. Wenn das dann die Eichhörchen Obersten mitbekommen, dann muss man das Lachen so tief vergraben, wie die kostbarste Haselnuss mit den meisten Kalorien. Dann geht nämlich das Dominanzverhalten los. Wer kann sich größer aufplustern und wer zieht sofort den Schwanz ein? Wer hat Bock das Nest von Nussmußkrümeln zu befreien?

Mist. Ich habe Schwanz gesagt, das ist fast so schlimm wie V.I.P. Penis. *piepPIEP“ Herr Lis Zensurgerät am anderen Ende der Leitung piept LAUT. Ich darf nicht mehr Schwanz PIEP oder ähnliches sagen. Behaartes längliches Fellteil, meinte ich natürlich.

Daher Teddys. Liebe Naturfreund*innen, ich muss euch enttäuschen! Keine Eichhörnchen mehr, die biestigen Biester müssen sich erst mal wieder beruhigen und ihr Nussmuß gemächlich verdauen.

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Niedliche Teddys, 是不是? (Ist es nicht so?) Danke liebe Teddys, dank euch wurde dieser Blog in dem früher Morgenstunden wieder ins Netz gestellt!

Die Teddys stellen noch ein Rätsel: Welches Organ fehlt in diesem Anatomiebuch von 2019?

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Und wer nicht wusste wie des Rätsels Lösung heißt, der durfte nicht nur nicht vorbei. Nein… er wurde kurzerhand verspeist!“ (Bodo Wartke, Ödipus)

Eichhörnchen

Liebe Naturfreund*innen,

Aus aktuellem Anlass schreibe ich nur noch über putzige Eichhörnchen. Danke für Ihr Verständnis und wie schön, dass Sie weiterhin meinen Blog besuchen. Es wird ab jetzt nur noch naturfreundliche und klimaneutrale Berichterstattung geben. Cctv kommt nächste Woche und dreht einen Eichhörnchentrailer. Das wird spannend.

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Geflügelte Eichhörnchen sind auch mit dabei:

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Witzigkeit kennt kein Pardon

Hoch lebe die (Zensur der) freie(n) Meinung!

Es klingelt: «您好!Nin hao!» (Guten Tag) Die Zensurbehörde aus China. Schon wieder. Wir waren doch erst gestern Tee trinken. Es gefalle ihnen nicht wie sich mein Blog www.jorinde.ch in letzter Zeit entwickle.  Die Worte Vulva, Klitoris und Penis seien nicht vereinbar mit dem Titel «Chinesisch Lernen 学习汉语 xuexi hanyu». Vor allem das Wort «V.I.P. Penisse» im letzten Artikel: «Packt eure Vulven wieder ein. NÖ.» hätte Alarm geschlagen. (Der Artikel wird mit einem Mausklick entfernt. Schwuppdiwupp.)

Ich atme tief ein und erkläre Ihnen die Definition von Ironie und Sarkasmus und was ein Neologismus ist. Sie bleiben standhaft und versichern mir, dass mein Blog nicht der einzige sei, der bald vom Netz genommen wird.

Von der Zensur betroffen ist auch der Postillon, weil dort vor kurzem einen Artikel darüber veröffentlicht wurde, wie Frauen sich bei der Selbstbefriedigung selbst einen Orgasmus vortäuschen: «Studie: Jede dritte Frau täuscht sich beim Masturbieren einen Orgasmus vor» Auch die Heute Show sei betroffen, weil es dort um Schwangerschaftsabbruch und den Paragrafen 219a ging: «Abtreibungsparagraf: „Heute show“ knöpft sich Jens Spahn vor»

Über diese beiden Tabuthemen, so die beiden Herren am Telefon, dürfe nicht geschrieben werden. Wenn das zur Parteispitze vordringe, müssten sie das ausbaden.

Ich versuche diplomatisch zu bleiben und schlage vor einen alten Artikel vom Juni 2016 erneut zu posten mit dem Titel «Nichts» in dem es um nichts und ein gelangweiltes Känguru geht, oder aber den Artikel: «STABIL.» Sie überlegen kurz und sagen dann bestimmt «不可以 bukeyi» (Geht nicht./Lässt sich nichts machen). Ich lege auf, trinke Tee und lese mir die letzten obszönen Artikel meines Blogs noch einmal genüsslich durch, bevor sie gelöscht werden. Verrückt. Was das für Probleme machen kann, wenn man seine Gedanken laut sagt und kritisch reflektiert, was man beobachtet.

Ich denke an ein Interview, das ich kürzlich über die japanische Künstlerin Rokudenashiko gesehen habe. Ihre erste Verhaftung fand statt, weil sie Mangas über die Vulva gezeichnet hatte. In einem Land, in dem Kinderpornografie in Mangas legal ist, die Vulva aber als obszön gilt. Nach ihrer Freilassung hatte sie zwei Möglichkeiten: «Aufhören, oder noch einen draufsetzen.», sagte sie kichernd im Interview. Was wohl passiert, wenn man zwei Unheile künstlerisch miteinander verbindet: Fukushima und die Vulva? Und was wohl passiert, wenn man ein Kajak mit dem 3D Abdruck der eigenen Vulva baut und damit paddeln geht? Die Antwort ist: Ein Gerichtsverfahren vor dem obersten Gerichtshof in Japan, weil es dort den sogenannten Obszönitätsparagrafen noch gibt. (Der übrigens nicht gilt, wenn jährlich das Penis Festival gefeiert wird und auf offener Straße riesige Penisstatuen zelebriert werden und bunte Penis Lollis/ Eis gelutscht werden.)

Rokudenashiko will mit ihrer Arbeit die Vulva raus aus der Schmuddelzone holen und einen offenen Diskurs fördern. Das Thema scheint auch bis nach Deutschland geschwappt zu sein.

Vulva-Bastel-Workshop

Im Dezember wurde in Freiburg zum Beispiel ein Bastel Workshop veranstaltet, an dem die Teilnehmer*innen aus Salzteig Vulven basteln konnten. Ich war zwar interessiert, habe aber eine tiefe Abneigung gegenüber Salzteig, damit habe ich noch nie gerne gebastelt und irgendwie fragte ich mich zu der Zeit, ob es das wirklich braucht: Vulven aus Salzteig basteln! Braucht es denn wirklich so viel Aufmerksamkeit für das weibliche Geschlecht? (Die Antwort ist JA!) Denn was beim Vulva-Bastel-Workshop rauskam, war vor allem das große Unwissen, welches über die Anatomie der Vulva herrscht. Das ist ja auch kein Wunder! Vulven sind so unterrepräsentiert in der Kunst, in Zeichnungen und in der Öffentlichkeit, dass selbst Frauen sich schwer tun sie zu zeichnen, ihre eigene Vulva anzuschauen, geschweige denn wieder zu erkennen. Wie es ist eine Vulva aus Salzteig zu basteln. (ein Artikel von Adele Kopsidis, 18.12.2018, Fudder)

Dieses Fotoprojekt verdeutlicht: Die eigene Vulva zu akzeptieren und schön zu finden ist keine Selbstverständlichkeit, im Gegenteil.

Warum das Ganze?

Warum zur Hölle sollte man eine Vulva zeichnen können?“, mag man sich fragen. Ganz einfach, weil wir alle ein bestimmtes Bild einer Vulva im Kopf haben, welches mit der „Vulva-Wirklichkeit“, wie sie in diesem Video gezeichnet wird von Hilde Atalanta (Gründerin der Vulva Gallery) rein gar nichts zu tun hat.

10 Gründe für die Vulva:

Solange es „normal“ ist, dass das Vulva Schönheitsideal (klein, unscheinbar, glatt, rasiert) nur bei operierten Pornodarstellerinnen gefunden wird, welches die anatomische Form eines 8-jährigen Mädchens hat, solange Intimchirurg*innen fetten Profit mit medizinisch nicht zu rechtfertigenden Operationen im Intimbereich bei Frauen machen und diese Sparte der Schönheitsindustrie boomt, solange eben jene Intimchirurg*innen auch in Deutschland minderjährige Mädchen (mit Einwilligung der Eltern) operieren dürfen, solange wir noch immer von „Schamlippen“ sprechen und nicht das Wort Vulvalippen benutzen, solange sich der sprachliche Unterschied zwischen großen und kleinen Schamlippen hält, obwohl die inneren Vulvalippen in fast 50% aller Fälle größer sind als die äußeren und der Unterschied zwischen groß und klein somit falsch ist, solange die Klitoris eher für ein Pokémon, oder ein Oktopus gehalten wird, als für das primäre weibliche Geschlechtsorgan, solange ebendieses primäre Geschlechtsorgan nicht genauso selbstverständlich wie der Penis, der Uterus und die Eierstöcke in anatomischen Zeichnungen abgebildet ist, solange sich Frauen und Mädchen vor ihrem eigenen Geschlechtsteil schämen und ekeln, solange sich der Mythos und das Wort des sogenannten „Jungfernhäutchen“ hartnäckig in den Köpfen der Menschen hält und für viel Verwirrung, Angst und Terror sorgt, solange Genitalverstümmelung bei 200 Millionen Frauen und Mädchen auf dieser Welt ein riesengroßes Thema, Trauma und Problem ist, solange müssen wir uns wohl damit abfinden, dass Vulven aus Salzteig zu basteln eine gute Aktion ist, die uns (hoffentlich!) zum Nachdenken bringt.

Denn wie wollen wir über all diese Themen reden, wenn wir nicht einmal die Basics der Vulva kennen und wissen wie Frauen „da unten“ aussehen? Wie soll das gehen? (großes FRAGEZEICHEN)

Es tutet. Die Herren haben aufgelegt. Wahrscheinlich hat ihr Zensurpiepgerät beim letzten langen Redeschwall meinerseits den Geist aufgegeben. Zu viel Vulva, zu viel Geschlecht, zu viel Penis. *piep* *pieppiep* *PIEP*

«Halb so wild.», denke ich. Es war vielleicht sowieso an der Zeit die Themen und meinen Fokus zu ändern. Ich interessiere mich ja auch für Blumen und Tiere, ein Naturfreunde Blog, das wäre doch eine spannende Alternative! Und noch während ich diese Idee einer Freundin im Chat mitteile, bekomme ich ein Daumen hoch Smiley der Zensurbehörde auf wechat und die Nachricht «这样就好。Zheyang jiu hao. 你会加油!Ni hui jiayou!» (So ist es gut, mach weiter so!).

Hoch lebe die Zensur!

«Witzigkeit kennt keine Grenzen, Witzigkeit kennt kein Pardon.» Ach Hape, wenn es nur so einfach wäre.

Das ist eine Lüge! #100jahrenixpassiert

Das ist eine Lüge!“, platzt es laut aus einem Bekannten raus, als wir gerade friedlich den Wake Up Comedy Beitrag zur Klitoris anschauen. Im Video geht es bei (Minute 9:18) um das Frauenwahlrecht in der Schweiz. „Das Frauenwahlrecht in der Schweiz wurde nicht erst nach 1970 eingeführt, das ist eine Lüge!“, wiederholt er mit Nachdruck und wirkt dabei wie ein Dampfkochtopf der gerade explodiert.

Mein lieber Herr Gesangsverein, nach gründlichen Recherchen meinerseits zur Geschichte der Eidgenossen bin ich zu dem Schluss gekommen, dass es vor dem Jahre 1971 tatsächlich kein Frauenwahlrecht in der Schweiz gab und ebendieses Frauenwahlrecht sogar erst 1990 in allen Kantonen eingeführt wurde. Wie schön, dass du mir deine „Meinung“ gesagt hast! Sie ist zwar falsch, aber es hätte ja echt sein können, dass ich mich auf der Bühne plötzlich um ganze 50 Jahre verrechne, einfach weil ich zu blöd dazu bin.

LÜGE! Hallt es in meinem Kopf nach. Ja klar, das ist alles eine LÜGE. Ich stelle mich nämlich gerne auf Bühnen und erzähle LÜGEN, die Klitoris wurde jahrhundertelang vergessen LÜGE, westliche Ärzte haben Genitalverstümmelungen in Europa durchgeführt LÜGE, den vaginalen Orgasmus gibt es nicht LÜGE, Sigmund Freud hat sich geirrt LÜGE und Frauen können witzig sein LÜGE und sie können recherchieren und lesen LÜGE und überhaupt mag ich es LÜGE zu rufen, wenn ich meine es besser zu wissen, obwohl ich keine Ahnung habe. LÜGE ZU ENDE!

EinemussdenJobjamachen

100 Jahre Frauenwahlrecht 

Am 19. Februar 2019, genau vor 100 Jahren, hielt Marie Juchacz als erste Frau eine Rede im Deutschen Parlament. „Marie Juchacz? Nie gehört!“, sagt ein angehender Volkswirt in einem Kurs. „Ging mir ähnlich, man hört ja auch wenig von Frauen in der Geschichte.“, sage ich. „Interessiert mich aber ganz ehrlich auch einfach nicht. Die hat die erste politische Rede als Frau gehalten? Ich weiß ja auch nicht wer die erste Transgender Person war, oder so.“

Alles klar, dafür habe ich volles Verständnis. Ich weiß auch nicht wer als erster Mann auf dem Mond gelandet ist, wer welchen Krieg angefangen hat, wer zur deutschen Demokratie beigetragen hat. Habe ich alles total vergessen, wer braucht schon Geschichte, warum lesen wir überhaupt Zeitung. Was soll das Ganze? Warum haben wir eigentlich das Frauenwahlrecht eingeführt? Wer hat sich das ausgedacht und kann man das wieder abschaffen? (Warum kommt meine Ironie nie durch?)

#100jahrenixpassiert

100 Jahre Frauenwahlrecht: Was würde Marie Juchacz sagen, wenn sie im Jahr 2019 eine Rede halten würde? Welche gesellschaftlichen Fragen beschäftigen uns seit 1919 und können sich die Dinge ändern?

Diese Fragen habe ich in einem Wettbewerbstext beantwortet, der wohl etwas zu politisch, fordernd und klitastisch war, als dass er einen Preis gewinnen könnte.

Viel Spaß beim Anschauen der Zeitreise von 1919 nach 2019:

 

Packt eure Vulven wieder ein! NÖ!

Ich habe nicht die Absicht diesen Artikel zu löschen. CW Dieser Artikel ist cissexistisch und enthält transfeindliche Formulierungen. Ich wusste es damals nicht besser und möchte es als Zeitdokument eigentlich gerne so stehen lassen. Wenn ihr das anders seht oder Vorschläge habt, dann schreibt mir bitte einen Kommentar! (30.06.2021)

Seit dem Sommer mache ich bei einer Redaktion mit. Die Atmosphäre dort ist super, wir arbeiten in freien Gruppen, haben Zugang zur Technik und produzieren unsere eigenen Beiträge. Meine Idee eine Straßenumfrage bei Studierenden mit dem 3-D Modell der Klitoris zu machen wurde gut aufgenommen. Es gab keine komischen Blicke, keine Witze, sondern ehrliches Interesse und Unterstützung.

Vulva-Bastel-Workshop

Im Dezember wurde ein Bastel Workshop veranstaltet, an dem die Teilnehmer*innen aus Salzteig Vulven basteln konnten. Ich hasse Salzteig, damit habe ich noch nie gerne gebastelt und irgendwie fragte ich mich zu der Zeit, ob es das wirklich braucht: Vulven aus Salzteig basteln! Braucht es denn wirklich so viel Aufmerksamkeit für das weibliche Geschlecht? (Die Antwort ist JA!) Denn was beim Vulva-Bastel-Workshop rauskam, war vor allem das große Unwissen, welches über die Anatomie der Vulva herrscht. Das ist ja auch kein Wunder! Vulven sind so unterrepräsentiert in der Kunst, in Zeichnungen und in der Öffentlichkeit, dass selbst Frauen sich schwer tun sie zu zeichnen, ihre eigene Vulva anzuschauen, geschweige denn wieder zu erkennen. Wie es ist eine Vulva aus Salzteig zu basteln. (ein Artikel von Adele Kopsidis, 18.12.2018, Fudder)

Dieses Fotoprojekt verdeutlicht: Die eigene Vulva zu akzeptieren und schön zu finden ist keine Selbstverständlichkeit, im Gegenteil.

Warum das Ganze?

Warum zur Hölle sollte man eine Vulva zeichnen können?“, mag man sich fragen. Ganz einfach, weil wir alle ein bestimmtes Bild einer Vulva im Kopf haben, welches mit der „Vulva-Wirklichkeit“, wie sie in diesem Video gezeichnet wird von Hilde Atalanta (Gründerin der Vulva Gallery) rein gar nichts zu tun hat.

10 Gründe für die Vulva:

Solange es „normal“ ist, dass das Vulva Schönheitsideal (klein, unscheinbar, glatt, rasiert) nur bei operierten Pornodarstellerinnen gefunden wird, welches die anatomische Form eines 8-jährigen Mädchens hat, solange Intimchirurg*innen fetten Profit mit medizinisch nicht zu rechtfertigenden Operationen im Intimbereich bei Frauen machen und diese Sparte der Schönheitsindustrie boomt, solange eben jene Intimchirurg*innen auch in Deutschland minderjährige Mädchen (mit Einwilligung der Eltern) operieren dürfen, solange wir noch immer von „Schamlippen“ sprechen und nicht das Wort Vulvalippen benutzen, solange sich der sprachliche Unterschied zwischen großen und kleinen Schamlippen hält, obwohl die inneren Vulvalippen in fast 50% aller Fälle größer sind als die äußeren und der Unterschied zwischen groß und klein somit falsch ist, solange die Klitoris eher für ein Pokémon, oder ein Oktopus gehalten wird, als für das primäre weibliche Geschlechtsorgan, solange ebendieses primäre Geschlechtsorgan nicht genauso selbstverständlich wie der Penis, der Uterus und die Eierstöcke in anatomischen Zeichnungen abgebildet ist, solange sich Frauen und Mädchen vor ihrem eigenen Geschlechtsteil schämen und ekeln, solange sich der Mythos und das Wort des sogenannten „Jungfernhäutchen“ hartnäckig in den Köpfen der Menschen hält und für viel Verwirrung, Angst und Terror sorgt, solange Genitalverstümmelung bei 200 Millionen Frauen und Mädchen auf dieser Welt ein riesengroßes Thema, Trauma und Problem ist, solange müssen wir uns wohl damit abfinden, dass Vulven aus Salzteig zu basteln eine gute Aktion ist, die uns (hoffentlich!) zum Nachdenken bringt.

Denn wie wollen wir über all diese Themen reden, wenn wir nicht einmal die Basics der Vulva kennen und wissen wie Frauen „da unten“ aussehen? Wie soll das gehen? (großes FRAGEZEICHEN)

Es gab also einen Tag im Dezember, an dem die Vulven aus Salzteig (in pink, rot und mit Glitzer!) auf einem Regal in der Redaktion lagen und mich ehrlich gesagt mehr an moderne Kunst, als an anatomisch korrekte Vulven erinnerten. Was auch immer man von Vulven aus Salzteig halten mag, sie machen aufmerksam auf die Themen, die wir ansprechen wollen: Weibliche Sexualität, Gleichberechtigung, sexpositive Aufklärung in der Lust und Liebe, freies und kritisches Denken Platz haben.

Tja. Und dann erreicht mich eine Nachricht, die ich in indirekter Rede wiedergeben werde, da keine Interna veröffentlicht werden dürfen. Vielleicht habe ich mir den ganzen Quatsch ja auch nur ausgedacht, jeder darf sich seine eigene Meinung bilden. Mir liegt es jedenfalls fern einzelne Personen durch den Kakao zu ziehen, sondern ich möchte einzig und allein auf die Aussage aufmerksam machen, um die es im weiteren Verlauf des Artikels gehen wird.

Es wurde in der Nachricht gemeldet, dass eine Führung für wichtige Menschen, VIP Spitzen anstehe und bitteschön keine „offending Sachen“ zu sehen sein sollten wie: „Flaschen, Geschirr, Vulvas oder Kaffeeflecken“.

Ich fühlte mich provoziert und irgendwie ging mir der leicht herablassende Ton der Nachricht gehörig auf die Klitoris (meine neue Redewendung, anstatt „es geht mir auf die Eier“ zu sagen). Deshalb schrieb ich ohne lange nachzudenken die Antwort „Habe meine Vulva schon weggeräumt, danke für die Info!“ in den Chat und es taten mir zwei Kolleginnen nach: „Meine ist auch weg.“ „Meine habe ich auch schnell weggepackt.

Nur ein blöder Spruch?

Man darf ja wohl noch Witze machen.“Ja, schon. Darf man, aber wer dumme Sprüche raushaut, muss auch mit der Antwort leben können.“ Wer Flaschen, Geschirr, Vulva(s) und Kaffeeflecken in einem Satz zusammenbringen kann mit der Bezeichnung „offending Sachen“, neudeutsch für beleidigende Dinge, der muss auch mit etwas satirisch angehauchten Gegenwind rechnen. Meinungsfreiheit und so. Wir leben ja nicht in China.

Leute räumt eure Vulvas bitte weg! V.I.P. Penisse kommen zur Visite. Falls ihr eine Klitoris habt, lasst sie am Montag (16:30-18:00) bitte zuhause. Die machen nur Ärger und Krawall! DANKESCHÖN! (Jorinde Wiese)

Meine Vulva ist aufs Regal gehüpft

Die Aufforderung, dass bei der großen Chefvisite keine Vulven rumliegen sollten (was ja sowieso nur an einem einzigen Tag der Fall gewesen war und kein Normalzustand in der Redaktion ist!) brachte meine Ideen erst richtig ins Rollen: „Meine Vulva ist aufs Regal gehüpft. Jetzt kann ich die nicht mehr einfangen!“ Was wäre eigentlich so fatal daran, wenn wichtige Menschen während einer Führung durch die Redaktionsräume Vulven aus Salzteig zu Gesicht bekommen würden? Sollen wir unsere Arbeit etwa verstecken und weiter wie bisher diese Themen klein halten? Sollen wir uns schämen für das was wir machen? Ist es lächerlich? (Die Antwort ist NEIN!)

#FemalePleasure

Es ist nicht lächerlich über Vulven und die weibliche Sexualität zu sprechen, ganz im Gegenteil: Es ist notwendig! Ich finde es übrigens völlig in Ordnung, dass manche Menschen mit dem Thema Scham verbinden, dass sie überfordert sind und sich schwer tun darüber zu reden. Es ging mir ja bis vor kurzem nicht anders. Ich habe jedoch kein Verständnis dafür, dass es Menschen gibt, die dieses Thema nicht ernst nehmen und denken: „Geht mich doch nichts an!“, oder „Diese Spinner beschäftigen sich mit Sexualität. Aus dem Alter bin ich raus!“ Spätestens seit dem Dokumentarfilm #FemalePleasure von Barbara Miller bin ich überzeugt davon, dass es uns ALLE etwas angeht und das wir so viel verbessern können, wenn wir das Thema laut halten.

Viva la vulva!

Ich habe eine Klitoris (in 3D)

Lecker schmecker Klitoris

Ich habe eine Klitoris und ich trage sie immer bei mir. Genau genommen habe ich zwei Klitori (ja wie eigentlich?!) Klitorisse, Klitoranten, Klitorae, Klitoren, eine echte und eine aus Plastik. Als ich im Sommer 2018 die wahre Größe der Klitoris entdeckte, wollte ich mir bildlich veranschaulichen wie sie aussieht und bastelte deshalb kurzerhand eine Klitoris aus Marzipanmasse. Dieses Meisterwerk konnte ich nicht für mich behalten und schickte einem Freund ein Foto davon.

MarzipanKlitoirs

Ich bastel doch auch keinen Penis aus Marzipan und schicke dir dann ein Bild.“, schrieb er empört zurück und ich erwiderte beschwichtigend: „Nein, das tust du nicht, aber dafür wissen wir beide wie ein Penis in etwa aussieht, ganz ohne Modell.“ Aus dem Marzipanmodell wurde wenig später ein Tonmodell (ich war ja nicht umsonst mal ein Jahr lang auf der Waldorfschule), bis ein Informatiker Freund meinte: „Was bastelst du da im Jahr 2018 noch mit Ton rum? Druck das Ding doch aus!“ „Tolle Idee.“, sagte ich. „Nur wo druckt man sowas?“ „An der Uni ist das sicher möglich!“, sagte er.

Tonklitoris

Wo druckt man eine Klitoris?

An der Uni? Eine Klitoris drucken? Gott bewahre!“ Als Alternative fand ich sehr schnell das FreiLab in Freiburg und bekam auf meine Anfrage, ob ich das 3D-Modell der Klitoris dort drucken dürfte ein: „Ja klar komm vorbei!“ Es kostete ganze 30 Cent und die Blicke der interessierten Männer, die stundenlang rätselten, was da gerade gedruckt wurde, waren unbezahlbar. Die Lizenz für das 3D- Modell ist übrigens seit 2016 von der Französin Odile Fillod zum freien Download ins Netz gestellt. Sie wollte damit vor allem bewirken, dass Lehrer das Modell ausdrucken und in den Aufklärungsunterricht einbauen. Sehr wahrscheinlich gibt es an französischen Schulen weitaus mehr 3D Drucker, als es ausgedruckte Klitoris Modelle gibt. Schade, dass die Klitoris noch immer (aber nicht mehr lange!) so unbekannt und peinlich ist.

 

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Das ist ja krass!

Es ist immer wieder herrlich für wie viel Erstaunen das 3D Modell der Klitoris sorgt und wie neugierig es macht! „Wie liegt die genau im Körper? Ist sie wirklich so groß? Und wo ist jetzt der G-Punkt?“ Diese Fragen würde man sehr wahrscheinlich nie stellen, wenn man nicht gerade eine Klitoris in der Hand hält und sich ganz neue Fragen wie von selbst stellen. „Das kann ich jetzt nicht glauben.“, sagte Miriam, die ich kennen lernte, weil ihr kleiner Hund Bruno spät am Abend in einem Hof Rambazamba machte und danach nicht genug Streicheleinheiten von mir bekommen konnte. Knuffiges Kerlchen. „Das ist ja krass und die wurde echt erst 1998 erforscht?“, fragt Miriam nach. „Im Prinzip wurde sie schon im 16. Jahrhundert erforscht, aber man hat sie wieder vergessen und später auch zensiert.“, sage ich. Eine andere Frau auf einer Parkbank meinte kopfschüttelnd: „Das ist alles eine Machtfrage. Wenn es nicht um Macht und Unterdrückung gehen würde, dann wäre das Organ längst in allen Büchern gelandet. Toll, dass du darüber aufklärst, ich schreibe mir mal deinen Blog auf.“

Die Klitoris muss an die frische Luft

Ich unternehme jedenfalls seit längerem ausgedehnte Spaziergänge mit meiner Klitoris (in 3D, die andere hat keine Wahl und ist inkognito auch mit dabei) und lasse sie an die frische Luft, damit sie die Welt sieht und die Welt sie sieht.

Wolkenbild

WIE WO WAS weiß OBI

Besonders wohl gefühlt hat sie sich übrigens bei OBI, da schmiss sich die Klitoris in Schale und ließ ihren ganzen Einhorn Charme spielen.

OBI

Auf die Frage „Was ist das?„, antwortete eine Studentin aus Freiburg bei einer Straßenumfrage: „Blumenzwiebel!“ Knapp daneben, aber diese „flower bulbs“ im PINK PACK sehen der Klitoris schon zum Verwechseln ähnlich:

flowerbulbs

Selbst in der Lampenabteilung von OBI glänzt die Klitoris in schwarz weiß:

schwarzweiß

Wem das alles zu bunt ist, dem muss ich leider sagen: „EINE muss den Job ja machen!“ Hab ich ne Wahl? Wer spricht öffentlich über die Klitoris? Wo bleiben die korrekten Zeichnungen in allen Büchern?

EinemussdenJobjamachen

Wer mehr auf Selbstgebasteltes steht, kann sich in diesem Einhorn Bastelbuch Inspiration holen und sich nach Belieben künstlerisch austoben:

Einhornbastelbuch

Klitoris WAHNSINN?

Das ist doch nicht mehr normal. Klitoris hin oder her… Man sieht doch auch keine Penismodelle in der Öffentlichkeit!“ Stimmt (zum Teil, wenn man Kunstgemälde, Statuen und Exhibitionisten ignoriert), aber würde man den Penis auch nur als 3 Zentimeter kleinen Wurmfortsatz zeichnen und niemand hätte auch nur einen blassen Schimmer über die echte Anatomie des Penis, dann wäre ich wohl ähnlich fasziniert von einem Penis 3D Modell. Odile Fillod plant übrigens eine vollständiges Penis 3D-Modell, weil sie auch dort Aufholbedarf sieht.

WarumWarum ignorierst du mich?

Zu viel Risiko!

Ich werde nicht müde werden über die Klitoris zu reden, denn an ihr hängt so viel! „Das ist unmöglich!“, sagt die Angst. „Zu viel Risiko.“, sagt die Erfahrung. „Macht keinen Sinn.“, sagt der Zweifel. „Versuch es mal.“, flüstert das Herz.

Mut ist wenn man’s trotzdem macht!

ZuvielRisiko

Klappe halten?

Die Klappe halten kann ich, aber nur für einen guten Zweck. Am 6. Februar zum Beispiel habe ich mit großem Vergnügen die Klappe im Produktionsstudio von uni.tv gehalten und war live bei der Aufzeichnung der zweiten Sendung von einBlick mit dabei.

Klappe

Nächste Woche wird nämlich ENDLICH mein Beitrag zur Klitoris bei uni.tv in der Sendung einBlick #2 zu sehen sein mit Charlotte als Moderatorin. Es geht um Tabus in der Gesellschaft und ehrlich gesagt bin ich gespannt wie ein Flitzebogen! 🙂

uni.tv